Opening - Anna Virnich, Sticky Note

Organized By Galerie Nathalie Halgand

Location:

Galerie Nathalie Halgand (48.197410, 16.358590)

Details

GALERIE NATHALIE HALGAND MAY 18 - JUNE 24, 2017 VERNISSAGE: MITTWOCH, 6 - 9 PM Galerie Nathalie Halgand präsentiert Anna Virnichs Ausstellung "Sticky Note" Eine „Sticky Note“ ist ein Klebezettel oder auch Post-it im Büro, der auch auf Computer und Smartphones simuliert Verwendung findet. Bei Anna Virnich mischt sich indes ein sublimer Unterton in die vermeintliche Bürofachsprache: Hinter dem vertrauten Begriff verbergen sich obsessive Strukturen, von denen wir unbewusst okkupiert werden. Sie sind „sticky“. Für die Galerie Nathalie Halgand entwickelte Anna Virnich eine neue Serie von Objekten, die einerseits von unterschiedlichen Eindrücken in Wien beeinflusst sind und sich andererseits einer längeren Beschäftigung mit räumlichen Ausdrucksformen verdanken. Die Werkstoffe für ihre plastischen Arbeiten und räumlichen Arrangements scheinen dabei keine feste Vorgabe zu kennen: Materialien wie Wachs, Öl, Textil, Leder oder Metall spannen ein breites Spektrum, sind aber von einer starken, fühlbaren Körperlichkeit bestimmt. Stoffe tierischen Ursprungs, wie Leder oder Wachs sind Auslöser intensiver Erfahrungen, die durch eindringliche Gerüche und Duftstoffe noch verstärkt werden. Wenn wir „Sticky Note“ in seine Einzelteile zerlegen, so erkennt man darin auch einen subkutanen Wortsinn: „sticky“ bedeutet im Englischen auch schwül oder schmierig, und so wird aus der vermeintlichen Erinnerungsnotiz etwas Langanhaftendes und Klebriges, das ein guter Nährboden für sexuelle Obsessionen werden kann. Wie eine Erinnerung an eine vergangene Liebe, deren Geruch noch an einem Kleidungsstück haftet, wie Objekte, die man aufbewahrt, um an ihnen zu riechen, aber vergessen möchte und loslassen. So verweist Virnich hier auch auf den Fetischcharakter von Objekten und deren phantasmagorisch aufgeladene Präsenz. Den größten Raum der Galerie hat die Künstlerin mit Kalbsleder in Naturfarben vertikal zum Nebenraum abgetrennt und so eine geschlossene Raumsituation geschaffen. Die hier befindlichen Handobjekte in schwarzen Lederhandschuhen korrespondieren mit den Arbeiten im angrenzenden Raum: Wachselemente auf dem Boden sowie Haltegriffe, die an die Wiener S-Bahn-Hilfen erinnern, die ebenso vom Diskurs einer vegetabilen, natürlichen und pseudo-natürlichen Ordnung und ihrem Transfer ins 21. Jahrhundert erzählen. Über all dem schwebt der Sound von ASMR-Videos, wie sie auf Youtube zu finden sind und meist stereotype Settings von minutenlangem knisternden Haarebürsten oder Körperkratzen oder Räuspern zeigen. Die „abjekten“ Töne laden die Objekte weiter zu Fetischen auf, können zunächst auch Ekel und Aversion hervorrufen. Die Ausstellung ist ein artifizielles synästhetisches Ensemble, dessen Ambivalenz darin liegt, dass die verschiedenen Materialien in Zusammenspiel mit dem Sound eine ätherische Natürlichkeit suggerieren, während sie andererseits in den Betrachtenden eine nervliche, körperlich spürbare Anspannung und Überreizung erzeugen. In ihrer stark haptischen Wirkung bleiben Virnichs aufgeladene Objekte immer mit archaischen Körpererfahrungen in Verbindung. Gegen die Narrative der „Körperesoterik“, mit denen ökonomische und politische Apparate uns zu steuern versuchen, bleiben sie buchstäblich geerdet und strahlen gerade deswegen eine zwiespältige Aura aus, die sich unserer anthropologischen Verwurzelung im Ritual verdankt. Text: Patricia Grzonka Thanks Gut Oggau and Trumer Privatbrauerei for the kind support